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Google ist ganz großes Kino, und wie im Kino verschwindet bei Google die Technik allmählich aus der Wahrnehmung. Im Kino erleben wir den Film ganz unmittelbar. Dass zwischen uns und dem Kinoerlebnis HighTech eingesetzt wird bei Produktion, Komprimierung, Codierung, Projektion – das braucht uns nicht zu interessieren und das nehmen wir im Kino auch nicht mehr wahr. So ähnlich ist es heute bei Google.

Fast kann man schon vergessen, dass da ein Vermittler ist zwischen uns als Nutzern und den Millionen von Seiten da draußen im Netz. Wir können Google mit ganzen Fragesätzen beschicken oder nur mit zwei knappen Stichworten füttern. Selbst wenn wir uns vertippen oder uns ungeschickt ausdrücken – Google weiss, was wir mit der Sucheingabe meinen. Was das für die Disziplin „SEO“ und das Verständnis davon bei Kunden und SEO-Dienstleistern bedeutet, dazu einige Gedanken hier.

Das logische Formelwerk ist also keine Barriere mehr zwischen Frage und Antwort. Eine fast unsichtbar gewordene Instanz denkt da mit – geboren aus Rechenpower und Speicherfarmen, gekreuzt mit Benutzerverhalten, Sensorik und dem Wissen der Welt. Google kennt 1/3 der Weltbevölkerung persönlich – denn 2,5 Milliarden Menschen sind registrierte Nutzer von Google+ (1). Wir sind vom mechanischen Zeitalter ins kybernetische-neurologische übergegangen, von Mechanik zu einer seltsam unfassbaren Artificial Intelligence.

Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden. Arthur C. Clarke (2)

Als Nutzer müssen wir nicht mehr wissen, wie Google funktioniert, damit es uns versteht. Und umgekehrt gilt das fast schon genauso: Als Unternehmer, als Website-Betreiber müssen Sie nicht mehr zuerst an Google denken, wenn Sie an Ihre Besucher denken.  Im Optimalfall wird Google uns Besucher richtig verstehen und eine Seite (oder ein Video, ein G+-Posting, ein Produkt, einen Artikel …) Ihres Unternehmen als beste Antwort liefern.

[TWEETBLOCK text=“Tweet this“]Sie müssen nicht mehr zuerst an Google denken, wenn Sie an Ihre Besucher denken. #seo2016 #marketing #seo[/TWEETBLOCK]

Erscheint SEO in diesen futuristisch wirkendem Szenario nicht wie ein furchtbar alter Begriff? Such Maschinen (?) Optimierung? In  Google’s Black Box gibt es keine Zahnräder mehr. Google Search lässt sich nicht mehr mechanisch manipulieren, domestizieren, irritieren. Die Assoziation zu Maschine passt nicht mehr. Das Zeitalter Newtons ist in der Suche vorbei.

 

Nicht Worte sollen wir lesen, sondern den Menschen…

Künstliche Intelligenz ist zunächst nichts anderes, als das Leben technisch nachzuahmen.  Dieses Motto könnte auch von Google stammen: „Nicht Worte sollen wir lesen, sondern den Menschen, den wir hinter den Worten fühlen.“ Das forderte der britische Schriftsteller Samuel Butler (3). Genau das versucht nun Google. Kannte Samuel Butler schon Google?

Wenn wir im Umfeld künstlicher Intelligenz am Begriff SEO festhalten wollen, und dafür gibt es ein paar Gründe (und sei es nur der, uns daran zu erinnern, dass Google aus einer Maschine hervorgegangen ist), sollten wir ihn anders übersetzen, und müssen unsere Texte – besonders SEO Texte – anders denken.

Nicht dass es in der Analyse, der Konkurrenz- und der Keywordrecherche nicht noch bewährte Methoden und Werkzeuge gibt , und nicht dass etwa die technischen Anforderungen und die OnPage-Aufgaben an Bedeutung verlören (auch das zwei Gründe zum Festhalten) – aber in der Content-Strategie und ihrer Umsetzung müssen Unternehmen heute SEO etwas anders buchstabieren.

 

SEO anders buchstabieren: 
Search Experience Optimization

Im Mittelpunkt des Content Marketing steht nicht mehr die Frage: Wie ranke ich für dieses bestimmte Keyword?

Sondern: Welche Antworten oder Lösungen biete ich zu den Fragen, die hinter dem Keyword stehen? (4)

Content und SEO-Texte hangeln sich dann nicht mehr an Stichworten entlang, sondern verstehen sich Kontext-, Antwort- und Lösungs-orientiert (hier mehr zum Thema Keyword-Strategie 2016). Search Engine Optimization wird zu so etwas wie Search Experience Optimization.

Experience lässt sich im Deutschen nur unzureichend mit Erfahrung oder Erlebnis übersetzen. Hier vielleicht am besten etwas pointiert als das mögliche Aha-Erlebnis, das der Nutzer von der Antwort hat. Content erstellen für Aha-Erlebnisse? Das klingt vielleicht etwas albern, aber es trifft den Kern doch ziemlich genau.

Man kommt damit fast automatisch zu ganz anderen Text- und Content-Ideen. Wie in der Offline-Welt ist es auch für Content im Netz: Wer seine Kunden gut kennt, kann sie bei ihren Fragen abholen.

Nach wie vor ist auch eine solche SEO teils technische SEO, Content SEO und Link Building. Sie ist weiterhin die Optimierung von Angeboten, Informationen und Inhalten auf eine bessere Auffindbarkeit, Crawlbarkeit und Indexierbarkeit für Nutzer und Suchmaschinen (5)

Nach wie vor ist das Ziel von SEO Auffindbarkeit – und gute SEO liefert im Rahmen einer Content Strategie genau das. Das Ziel bleibt, aber die Methoden ändern sich.

SEO als Search Experience Optimization verlangt, die Fragen zu verstehen und möglichst vorauszusehen, auf die Antworten gesucht werden. Und den Nutzern auf Google, aber auch jenseits davon auf den Plattformen zu antworten, die sie gerne nutzen. Denn Antworten werden auch anderswo gesucht, als Videos, als Empfehlungen in Sozialen Netzwerken usw.

Teil sein des Ökosystems Frage-Antwort

SEO im Zeitalter der künstlichen Intelligenz ist ein Teil des Ökosystems Frage-Antwort. Wie gut diese Art von SEO als Search Experience Optimization gemacht wird – davon hängt ab, ob Ihre Online-Inhalte Teil des Ökosystems werden.

Das Ökosystem bezieht seine Dynamik aus immer neuen Fragen – oder weiter gefasst Interessen. Wussten Sie, dass täglich 15% aller eingegebenen Sucheingaben noch nie vorher so formuliert wurden? Da Google hier mehr Interpretationsaufwand hat als bei schon bekannten Sucheingaben wurde nach SearchMetrics (6)  mit „RankBrain“ eine selbstlernende Technologie (Machine Learning) eingeführt, die Google helfen soll, z.B. bei Mehrdeutigkeiten bessere Ergebnisse zu liefern und die ein starker Rankingfaktor sein soll bei noch nie dagewesenen Suchanfragen.

Das Ökosystem Frage-Antwort ist viel größer als der nur bei Google erscheinende Traffic. Hier spielen auch andere Plattformen eine große Rolle – Fragen werden nicht nur bei Google gestellt. Aha-Erlebnis-Content wirkt auch auf Foren, in Business Communities und auf den sozialen Kanälen. Search Experience Optimization bringt Traffic aus dem ganzen Ökosystem von Fragen und Antworten – nicht nur aus dessen Teilbereich Google. Aus dieser Art von SEO entsteht damit ein weiterer Nutzen: Social Engagement Optimization7

Aus der Frage nach gutem Content wird die nach besseren Antworten

Eine als Search Experience Optimization verstandene SEO ist ein wesentlicher Bestandteil für jedes Online Marketing. Insbesondere für jedes Inbound Marketing.

Damit werden auch Trends logisch, wie sie Search Engine Land für 2016 auf Basis neuer Google-Patente prognostiziert (8). So liefert Google einen immer höheren Anteil von Suchergebnissen als „Rich Answers“ aus – in Form von Antwortboxen (Knowledge Box) direkt auf der Suchergebnisseite, oder  in Form von „Snippets“ – Auszügen anderer Websites, die mit Schema-Markup ausgezeichnet sind.  Beispiele sind etwa Produktanzeigen oder Videos. Das trifft aktuell nach der von Search Engine Land zitierten Studie zu auf über 30% aller direkt oder auch indirekt als Fragen eingegebenen Suchen – „Wie kann ich…“, „Sprache in Belgien“, „was ist ..“.

Auch Seiten mit wesentlich geringerer Autorität als etwa Wikipedia können für Google Quellen für „Rich Answers“ sein – auch Ihre Website.

Deshalb wird eigener Content immer wertvoller, in Form nicht nur von Text, sondern auch von Video, Audio, Infografik, Charts u.a.  Auf der „Customer Journey“ zu einem Kauf oder auf dem fragilen Weg zur Conversion etwa durch das Absenden einer Online-Anfrage liegen viele „Wie“, „Was“, „Wer“, „Warum“ … Fragen. Der Nutzer fragt heute mehr, tiefergehender und ausführlicher, und er erwartet von Google – und damit auch von Ihren Websites, Shops oder Blogs – immer bessere Antworten darauf.

Wer zu solchen anwendernahen Fragen gute Inhalte – nicht nur in Textform – liefern kann, der hat 2016 nach der Prognose von Search Engine Land im Wettlauf um besseren Content gute Wachstumschancen mit seiner Website.

Eine besondere Rolle im Suchergebnis, im Ranking und in der Conversion können Inhalte spielen, die mit Schema Markup strukturiert sind – das sind Inhaltsblöcke, die mit speziellen Attributen versehen sind um Google zu signalisieren, dass es im entsprechenden Textbereich geht: um einen Artikel (einer News-Website), Person, um ein Event, um ein Produkt, um einen Review, um einen Film oder um ein Buch. Sie können dann als auffällige „Rich Snippets“ im Suchergebnis erscheinen.

Zum Beispiel schreibt Google zum Bereich „Artikel“:

You can mark up your articles with structured data, providing details such as the headline, images, publish date and description. Google may use your rich snippet markup to power features like „In the news“ and content carousels(9)

In CMS-Systeme läßt sich Schema-Markup über Plugins einbinden – beispielsweise mit Schema PlugIns für WordPress. Für das MODX Content Framework gibt es hier einen Artikel zur Schema-Integration in MODX.

Inwiefern sich der Trend zu Schema Markup auf breiterer Front durchsetzt oder bestimmten Bereichen vorbehalten bleibt wie Ecommerce-Seiten und News-Portalen, bleibt abzuwarten. Eines der Patente, auf die Search Engine Land hinweist, befasst sich jedenfalls mit der Interpretation von Schema-Markup, damit Google Shop-Produkt- und Kategorieseiten besser einordnen kann.

Google’s Künstliche-Intelligenz-Offensive ist natürlich höchst eigennützig. Google will die Besucher noch mehr an seine Seiten binden, um einerseits mehr Anzeigen zu verkaufen, mehr Produktlinks anzubieten, aber vor allem um Konkurrenten wie Facebook oder Bing auf Distanz zu halten. Dass damit eine eher manipulative und wortklauberische SEO ausgesperrt wird, ist ein Nebeneffekt, den Google gern mitnimmt.

Fazit: Wer seinen Besuchern eine Search Experience mit Aha-Effekt bieten kann, der wird von diesem Trend auf mehreren Kanälen profitieren. Vor SEO-Texten klassischer Art muss dagegen eher gewarnt werden …

 

Quellen / Links:

(1) http://de.statista.com/themen/651/google/

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Clarkesche_Gesetze

(3) https://de.wikiquote.org/wiki/Samuel_Butler_d.J.

(4) Frei nach http://www.clickz.com/clickz/column/2323232/google-s-top-3-seo-dance-steps-of-2013

(5SEO Definition von Marcel Schrepel

(6) http://blog.searchmetrics.com/de/2015/11/19/rankbrain/

(7) http://marketingland.com/the-new-seo-social-engagement-optimization-37331?utm_source=pluspost&utm_medium=plus&utm_campaign=stream

(8) http://searchengineland.com/3-google-patents-need-know-2016-236896

(9) https://developers.google.com/structured-data/rich-snippets/articles