Die Win-Win-Situation zwischen Google und Content Marketern löst sich gerade auf – weil Google, so der YouTuber und Business-Strategist Mike Gastin im August 2024, unseren Content für seine neuen SGE Suchergebnisse nicht mehr braucht.
Den Content produziert die Googles Search Generative Experience (SGE) selbst.
Im Unterschied zu Bard ist SGE kein Chatbot, sondern antwortet mit eigenen KI-generierten Texten auf Suchanfragen, basierend auf Googles eigenem Large Language Model PaLM 2.
„SEO Is Dead in 2024 and What to Do“
… ist also der provozierende Titel von Mike Gastins Video. Weil auf einer von Generative AI verfassten Ergebnisseite der Content anderer nicht mehr so eine große Rolle spiele. Es würden vielleicht drei Quellen genannt … und selbst diese bekämäen eventuell weniger Sichtbarkeit und weniger Klicks. Stimmt das so?
Braucht Google unseren Content noch?
Mike Gastins Argumentation ist zunächst nicht leicht von der Hand zu weisen, der Titel ist nicht nur Click-Bait. Tatsächlich verändert sich etwas Grundlegendes in der Landschaft der Web-Suche, die bislang von Google dominiert war und in der Top-10-Ergebnisse im organischen Ranking die Währung waren.
Google selbst war bislang noch nicht zufrieden mit den Suchergebnissen. Google Mitarbeiterin und Search Spezialistin Cathy Edwards hatte auf der Google Keynote (Google I/O ‘23) 2023 selbst behauptet, dass das Thema Suche „ein noch ungelöstes Problem“ sei. Und jetzt löst KI das Problem neu?
Zumindest anders – es ist wohl das Ende der klassischen Top-10-Ergebnisseiten.
Schauen wir uns das an.
Google Generative AI Antwort – Copyright: Google75 % der Nutzer werden nach Mike Gastin voraussichtlich häufiger mit KIs wie SGE / Gemini und ChatGPT interagieren, anstatt traditionelle Webseiten zu besuchen. Die Relevanz von Content Marketing und die des SEO-Marktes könnte sich verringern oder verschieben.
Schauen wir uns ein paar der aktuellen Entwicklungen an:
1. Googles KI, SGE und die Content-Quellen
Google integriert zunehmend KI-generierte Inhalte in seine Suchergebnisse: AI Overviews sind KI-generierte Zusammenfassungen, die prominent über den regulären Suchergebnissen angezeigt werden. Diese Übersichten fassen Informationen aus mehreren Quellen zusammen, um schnell eine umfassende Antwort zu liefern.
Trotzdem wird „frischer“ Content wichtig bleiben:
Abhängigkeit von Trainingsdaten:
Googles KI-Modelle, wie alle generativen KIs, benötigen große Mengen an Daten, um ihre Antworten zu trainieren und zu verfeinern. Derzeit stammen viele dieser Trainingsdaten aus öffentlich zugänglichen Inhalten im Web, wie Artikel, Blogs und Foren. Diese Datenbasis ist wertvoll, da die KI-Systeme keine eigenen Kenntnisse generieren, sondern vorhandene Informationen synthetisieren.
Stetiger Bedarf an neuen Daten:
Um KI-Modelle präzise, aktuell und inhaltlich relevant zu halten, wird es immer einen Bedarf an frischen, vielfältigen Datenquellen geben. Webseiten, die Inhalte produzieren, bleiben entscheidend, um die sich ständig weiterentwickelnden KI-Modelle, einschließlich Googles eigener KI-Ergebnisse, zu unterstützen.
Von Traffic- zu Value-SEO …
KI-zentrierte Sucherlebnisse: Da KI immer stark in die Suchergebnisse integriert sein wird, wird sich die Ausrichtung von Content Strategien und von SEO wahrscheinlich ändern müssen. Damit unser Content von Google zukünftig als Quelle zitiert und verlinkt wird, werden wir als Content Marketer uns noch stärker auf qualitativ hochwertige, spezialisierte Inhalte konzentrieren müssen. Inhalte mit realem Mehrwert für den User und dessen Suchanfrage, auf Basis von Expertise, eigenen Erfahrungen oder Studien.
Autorität und Vertrauenswürdigkeit: Google wird möglicherweise zunehmend Informationen von autoritativen, hochwertigen Seiten beziehen, anstatt auf weniger wertvolle, rein SEO-getriebene Inhalte zurückzugreifen. Gut recherchierte, vertrauenswürdige Artikel könnten eine größere Rolle beim Training der KI und bei der Beantwortung von Fragen spielen, insbesondere wenn sie Expertenanalysen oder einzigartige Perspektiven bieten.
Das alles ist nicht ganz neu, schon bislang gehörte solcher ausführlicher Expertise-reicher „Inbound Content“ oder „Highlight Content“ zur Klaviatur im Content Marketing. Es könnte aber bedeuten, dass der „Search & Sales Content„, bislang auch wichtiger Teil der Content Strategie und die Hauptsubstanz vieler Blogs und Ratgeber, nicht mehr so viel Sichtbarkeit erhält. Der Content also, durch den die User uns überhaupt hat entdecken lassen – ganz am Anfang der Kundenbeziehung, Top-of-Funnel. Die Entdeckung wird wohl vermehrt woanders stattfinden müssen.
… und zu Search Everywhere SEO
Der Marketer Neil Patel wird nicht müde zu betonen, dass aus Search Engine Optimization jetzt Search Everywhere Optimization werden müsse. Auch das ist plausibel in meinen Augen.
Botschaften für die Entdeckungsphase der Customer Journey – Top-of-Funnel Content – könnten sich nicht mehr auf Googles organische Rankings verlassen.
Davon wird Google finanziell profitieren – durch noch vermehrte Anzeigenschaltung – falls sein SGE Modell tatsächlich die Such-Destination Nummer Eins bleibt.
Andere Plattformen wie YouTube, Instagram, TikTok, Communities können ihrerseits profitieren: Sie werden stärker in unsere Sichtbarkeitsstrategien für Unternehmen und Online-Shops eingebunden werden müssen.
Welche Rolle kann welcher Content in der SGE Präsentation spielen?
Expertenbasierte Inhalte: Hochwertige Inhalte behalten wohl auch in einer KI-dominierten Suchumgebung ihren Wert. Artikel und Webseiten, die von Fachleuten, Forschern und anerkannten Autoritäten in ihrer Branche, ihrem Wissensgebiet, erstellt werden, bleiben wahrscheinlich wichtig. Die Spachmodelle der KI werden stark auf diese Quellen angewiesen sein. Natürlich für ihr Training, aber auch zur Faktenüberprüfung zur Vermeidung von Fehlinformationen.
Spezialisierte und Nischeninhalte: Die Erstellung von Inhalten, die tief in Nischenthemen eintauchen oder neue Erkenntnisse bieten, wird weiterhin relevant sein. KI-Modelle benötigen spezifische, detaillierte Daten, die nicht vollständig aus allgemeinen Informationen synthetisiert werden können. Dies sichert Nischeninhaltsproduzenten eine fortwährende Rolle im KI-Ökosystem.
Menschlich kuratierte Einblicke: KI kann zwar große Datenmengen verarbeiten und Informationen synthetisieren, aber Inhalte mit menschlich kuratierten Einblicken, subjektiven Analysen oder kreativen Ansätzen werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen. KI könnte diese Inhalte anders präsentieren, eventuell als zusätzlichen Gesichtspunkt, als „zweite Meinung“. Der Wert menschlicher Beurteilungen und kreativer Perspektiven wird nicht verschwinden.
Wo holt Googles SGE die Inhalte her?
Interne Datenquellen: Google sammelt bereits Daten aus eigenen Quellen, wie z. B. Nutzerinteraktionen mit Google-Diensten (Google Maps, YouTube, Google My Business). Im Laufe der Zeit könnte Google seine Abhängigkeit von proprietären Daten ausweiten, was die Bedeutung öffentlicher Webdaten für bestimmte Arten von KI-Ergebnissen verringern könnte.
Partnerschaften und strukturierte Daten: Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Google zunehmend auf strukturierte Datenpartnerschaften mit vertrauenswürdigen Institutionen (z. B. Nachrichtenorganisationen, Branchenführer) für seine KI-Modelle setzt. Dies könnte die Rolle allgemeiner Inhalte schmälern, aber den Bedarf an strukturierten, validierten Informationen von ausgewählten Partnern erhöhen.
Die Zukunft von SEO und Content-Erstellung
Content-Strategien müssen sich zweifelsfrei anpassen, um für SGE relevant zu bleiben:
Qualität statt Quantität: Der Hype um mit KI-Tools massenhaft SEO-optimierte Inhalten könnte abnehmen. Die seriöser Inhaltserstellung wird aber nicht verschwinden. Stattdessen wird der Fokus stärker auf die Schaffung wertvoller, glaubwürdiger und hochwertiger Inhalte liegen, die KI-Modelle ergänzen, anstatt von ihnen ersetzt zu werden.
Konzentration auf die Suchintention: Die neue SEO erfordert eine tiefere Analyse dessen, wonach Benutzer jenseits von Keywords suchen.
Die technische SEO bleibt wichtig: Elemente wie die interne Content-Struktur, die Site-Geschwindigkeit, mobile Optimierung und strukturierte Daten bleiben wichtig, damit SGE den Inhalt genau verstehen und indexieren.
Mike Gastin deutet im Video an, dass auch Content-Ersteller innovativer und proaktiver werden müssen.
Es werde angesichts des absehbaren Aufstiegs der KI-gesteuerten Suchergebnisse Content-Strategien brauchen, die sich nicht allein auf die traditionelle SEO oder auf die reine Sichtbarkeit in organischen Suchmaschinen verlassen.
Neue Chancen für Content Marketing und SEO
Einige neue Felder, Aufgaben und neue Gewichtungen könnten durch die KI und Google SGE für das Content Marketing entstehen, damit natürlich auch neue Chancen für Unternehmen und Online-Shops.
Was zeichnet sich ab?
- Das Gesicht der Suche wird sich verändern – aus Suchergebnis-Links werden Antworten
- Die Optimierung von Inhalten für Featured Snippets und für AI-generierte Zusammenfassungen
- Die Erstellung von Content, der SGE-Antworten ergänzt und vertieft
- Der Schwerpunkt auf E-E-A-T: Die Demonstration von Erfahrung, nachweisbarem Fachwissen, Autorität und Vertrauen wird noch kritischer, damit Inhalte in den SGE-Ergebnissen vorgestellt werden
- Unternehmen müssen noch mehr Wert auf den Aufbau direkter Beziehungen mit ihrer Zielgruppe legen. Eigene Communities können wichtiger werden, kreatives Outbound-Marketing und der Auftritt auf mehr Plattformen.
- Content-Ersteller können mit spezialisierteren oder einzigartigen Inhalten punkten, die von KI nicht leicht repliziert werden können. Sie können sich möglicherweise auf Nischen, persönliche Einblicke oder multimediale Inhalte (z. B. Videos und Podcasts) konzentrieren, die von KI-Tools weniger gut erstellt werden können.
- Als „zweitgrößte Suchmaschine nach Google“ wird YouTube für das Content Marketing wichtiger werden. Der Trend zu Video ist ohnehin ungebrochen. YouTube-Content kann auch für Shorts und für Insta und TikTok mehrfachverwertet werden.
- Neue Erfolgsmetriken: Marketer können ihre Metriken und KPIs anpassen. Auf solche, die Benutzerengagement, Autorität und Vertrauen priorisieren, anstatt Quantität wie Besucherzahlen und Seitenaufrufe.
- KI könnte Inhalte auch auf kontextuellere Weise passend zum User anpassen, was eventuell zu personalisierteren und verfeinerten Sucherlebnissen und mehr Diversität in den verlinkten Quellem führen kann.
Alexander Rus, Gründer und CEO der Innsbrucker Evergreen Media AR GmbH, schreibt:
„SGE ersetzt die Suche nicht, sondern erweitert sie“.
Neue Potenziale für Content Marketer und Publisher
Besondere Potenziale sieht die Seite growth-memo.com auf Basis einer SWOT-Analyse in folgenden Bereichen:
E-Commerce und Local SEO: SGE wirkt sich in seiner aktuellen Form auf Informationssuchungen am meisten aus und imitiert das Einkaufen oder die lokale Such-SERP am meisten. Infolgedessen können Unternehmen in lokalen oder Einkaufssuchungen weniger betroffen sein als Unternehmen, die den Verkehr durch Inhalte wie SaaS -Unternehmen anziehen.
Video: SGE und andere KI -Suchplattformen bieten bereits Videos für bestimmte Antworten. Das beste Video für ein Thema zu haben, ist eine Abkürzung, um SGE -Antworten zu dominieren.
SGE -Konkurrenten: SGE ist nicht die einzige KI -Suche, die das Feld stören kann. Perplexity AI, ChatGPT, Claude und andere könnten den Traffic auf neue Content-Quellen jenseits der Google-Suche erweitern.
LLM-Apps für GPT-Marktplätze: Erstellen einer eigenen LLM-App, z. B. für den neuen GPT -Marktplatz von OpenAI. Dies kann für Anbieter eine Gelegenheit sein, Benutzer Details zu ihren Produkten und Leistungen durchsuchen bzw. finden zu lassen. Sollte Google jemals einen Marktplatz für SGE-Apps eröffnen, könnten sich Marken mit durch eigene Daten trainierten Large Language Modellen einzigartige Vorteile schaffen.
Auf SEO folgt LLMO?
Auch ein Beitrag bei SEM-Deutschland bezieht sich auf diese Themen: Auf SEO folgt möglicherweise die Optimierung für Large Language Models und Generative AI: LLM-Optimization (LLMO) / Generative AI Optimization (GAIO). Dies würde großen Marken und Anbietern mit um „Autorität“ zentrierten Content-Strategien Einfluß auf das Training und die Ausgabe der Ergebnisse bieten.
In Nischen hätten, so der Beitrag von Olaf Kopp, auch kleinere Anbieter ohnehin gute Chancen:
„Je nischiger ein Markt ist, desto einfacher ist es, sich als Marke im jeweiligen thematischen Kontext zu positionieren. Dadurch sind auch weniger Kookkurrenzen* in den qualifizierten Medien notwendig, um mit den relevanten Attributen und Entitäten in den LLMs assoziiert zu werden.“
* Der Begriff Kookkurrenz bezeichnet semantische Verknüpfungen zwischen nahe beieinander stehenden Begriffen, was hilfreich bei der Entwicklung von Suchalgorithmen und Suchergebnissen ist.
Sprich, plausibler bis hochwertiger Nischen-Content wird ohnehin von den LLMs gelesen und wiedergegeben werden.
Warum ändert Google die Suchergebnis-Seiten?
Google konkurriert mit KI-Wettbewerbern, die ihm Marktanteile streitig machen wollen, wie OpenAI mit SearchGPT, wie Bing und Microsoft, wie Perspective.ai oder You.com. Google ist in die Defensive um die Werbemilliarden geraten. Anfang 2023 hatte Google intern den Code Red wegen der Bedrohung senes Geschäftsmodells etwa durch ChatGPT ausgerufen (Quelle).
Deshalb muss Google mit Search Generative Experience (SGE) aufholen, um nicht erstmals spürbar an Boden zu verlieren.
Code Red: auch für SEO und Content Marketer
Die Google SGE muss also so schnell wie möglich liefern und integriert werden, bevor Marktanteile ins Rutschen geraten. Es geht um die Vormacht, zum ersten Mal ist Googles Monopol durch die von KI ausgelöste technologische Disruption bedroht.
SGE ist derzeit in über 120 Ländern weltweit verfügbar, allerdings noch nicht in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In Europa wird es wohl in Großbritannien zuerst eingeführt werden.
Es wird spannend sein zu beobachten, ob die semantische Suche, bislang das große Thema in Content Strategie und SEO, an Bedeutung verliert oder nicht. Die KIs könnten besser darin sein, Inhalte einzuordnen und zu verstehen – Google wird dazu eventuell nicht mehr auf semantische Wortbeziehungen, Topic-Cluster und weitere Hilfestellungen der Content-Ersteller angewiesen sein.
Immerhin zeigt sich bei den SGE-Erfahrungen in USA inzwischen eine diversifizierte Sichtbarkeit:
Fast 94% der AI-generierten Antworten von SGE stimmen nicht den Links / Inhalten aus den Top-10-organischen Suchergebnissen überein!
Was möglicherweise anderen, bislang unterrepräsentierten Inhalten eine stärkere Sichtbarkeit verleiht.
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Quellen:
Beitragsbild: Google 2023
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